Online Zeitzeugen Besuch der Klassen 9 am 3. März 2021

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Am Mittwoch, dem 3. März, gab es für die Klassen 9a und 9b mal keinen „normalen“ Onlineunterricht. Bereits eine Woche zuvor kündigte unsere Geschichtslehrerin Frau Eggert den Besuch an: Leon Weintraub, ein Zeitzeuge, welcher die Geschehnisse des Nationalsozialismus selbst erlebt und überlebt hatte.

 

Leon Weintraub, geboren 1926 in Polen, geht gerade mal 6 Jahre in die Schule, als der Krieg beginnt. Beinahe 5 Jahre (von 1939-1944) verbringt er mit seiner Mutter und seinen vier Schwestern im Ghetto Litzmannstadt in Polen. Sein Vater verstarb, als er eins war. Allerdings fehlte ihm die väterliche Bezugsperson nie wirklich, da er ja stattdessen wie 5 Mütter gehabt hätte. Auf die Frage, ob er seinen Vater vermisst hätte, antwortete er: „Man kann niemanden vermissen, den man kaum gekannt hat“.

Leon W. wird 1944 im Zuge der Liquidierung der Ghettos mit seiner Familie nach Auschwitz deportiert.  Dort wird er von seiner Familie getrennt, da er als arbeitsfähig befunden wird. Seine Mutter wird in Auschwitz ermordet. Er ist zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alt. Nach sechs Wochen gelingt es ihm, sich mit einer Gruppe Männern aus Auschwitz nach Dörnhau (ein Außenlager es KZ Groß-Rosen) heraus zu schmuggeln. Daraufhin folgen die Konzentrationslager Flossenbürg und Natzweiler-Struthof.

Die Befreiung erlebte er während eines Zugtransportes. Er erzählte: „Plötzlich stoppte der Zug, und jemand riss die Waggontüren auf-von den SS-Leuten keine Spur. Also liefen wir in den Wald.“ Dort traf er dann auf französische Truppen. Die Worte des französischen Soldaten sind ihm bis heute klar im Kopf geblieben: „,Comment ꞔa-va?‘ fragte der französische Soldat und deutete mit dem Daumen in eine bestimmte Richtung, als wolle er sagen, dort sind die unseren-geht da lang‘ “.

Nach dem Krieg tritt Leon Weintraub sein Medizinstudium an, heiratet eine Deutsche und gründet eine Familie. 1950 kehrt er nach Polen zurück und wird Frauenarzt. 1969 wandert er mit seiner Familie ins neutrale Schweden aus. Kurz darauf stirbt seine Frau.

Heute lebt Leon Weintraub mit seiner zweiten Frau Evamaria, welche wir auch kurz begrüßen durften, noch immer in Stockholm. 

Wir hatten uns schon extra 15 Minuten früher per Zoom getroffen; die Klassen 9a und 9b, Frau Eggert, Frau Pendzich (unsere Geschichtslehrerinnen) und anfangs sogar Herr Remmer waren anwesend. Insgesamt waren wir bestimmt 50 Personen in der Konferenz. (fast) Alle haben ihre Kamera angestellt, und nach einem kurzen Plausch über das Wetter in Stockholm und Freiburg hat Leon Weintraub angefangen seine Geschichte zu erzählen -gespickt mit detaillierten Erzählungen und Erinnerungen, Bildern und Lebensweisheiten, wie etwa: „Schau nie nach oben, zu denen, die es besser haben. Sie dich um, und sei froh um das, was du hast“. Ich nehme stark an, dass ich nicht die einzige bin, welche diesen besonderen Besuch nie vergessen wird 😊.

Bericht: Emilie (9a)

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