Geht es denn auch ohne TikTok?

20230308 125721 compress16Diese Frage stellten sich die Schüler*innen der 9. Klasse im Religionsunterricht bei Frau Müller-Lancé. Sie führten ein mehrwöchiges "TikTok-Fasten" durch. Dieses wurde dann im Unterricht reflektiert und besprochen. Wir haben uns mit den Schüler*innen über ihre Erfahrungen unterhalten. Lesen Sie hier das ganze Interview:

 

Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

 Aurélie Jestel (9a): Wir hatten generell über die Ausübung von Druck auf SocialMedia geredet und darüber was alles so in den Medien passiert. Wir waren uns dann auch schnell einig, dass über manche Trends sehr viel Druck auf die User ausgeübt wird und es auch Fälle von Diskriminierung gibt. Deswegen haben wir als Klasse entschieden, diesem Druck für einige Wochen zu entfliehen und TikTok zu deinstallieren.

 

20230308 125950 compress83Wie war euer Nutzverhalten vor der Aktion?

Tierno Koudalo (9a): Ich würde sagen, dass ich so ein Mensch bin, der auf TikTok ist, wenn er gerade nichts zu tun hat oder sich entspannen will, da TikTok schon ein Spaßfaktor ist. Den ganzen Tag verbringe ich dort zwar nicht aber schon einige Zeit.

Helena Strzyzewski (9a): Ich hatte TikTok sogar schon vor Beginn dieses Experiments gelöscht, da ich bereits im ersten Lockdown sehr viel auf TikTok war und gemerkt habe, dass es mir nicht gut getan hat.

 

Worin liegt der Reiz von TikTok?

Tierno Koudalo (9a): Ich denke der Anreiz von TikTok liegt sicherlich im Algorithmus, welchen TikTok für jeden Nutzer parat hat und dementsprechend die Videos vorschlägt. Der „Content“ wird dir also anhand deiner Interessen angezeigt.

Leonore Schäfer (9b): Und es funktioniert auch so, dass einem dann nur etwa alle fünf Videos etwas „Passendes“ vorgeschlagen wird und man sich dann beim Scrollen durch TikTok darüber freut.

 

Wie genau seid ihr in diesem Experiment vorgegangen?

Joona Theunissen (9b): Also zuerst haben wir zwei Wochen lang Tiktok gelöscht und währenddessen versucht es nicht mehr zu installieren und nicht mehr zu nutzen. In den Ferien dann haben wir es wieder installiert aber weiterhin versucht es nicht zu nutzen und das probieren wir nun seitdem.

Aurélie Jestel (9a): Am Anfang jeder Stunde bei Frau Müller-Lancé haben wir Fragen beantwortet wie es uns nun mit diesem Versuch geht oder z.B. wie oft wir uns dabei erwischt haben es trotzdem zu nutzen, aber auch was wir stattdessen in unserer Freizeit unternommen haben.

 

Wie erging es euch in diesem Zeitraum?

Tierno Koudalo (9a): Am Anfang wollte man immer aus Reflex wieder auf TikTok gehen, aber nach einer Weile hat man es dann zunehmend vergessen.

Laura Centofante (9a): Ich würde sagen, dass sich meine Bildschirmzeit nicht wirklich verändert hat, da ich am Anfang dann vermehrt auf Instagram unterwegs war aber dennoch habe ich mich, auch wenn das jetzt komisch klingt, irgendwie freier gefühlt, da ich nicht mehr die „Pflicht“ hatte, die ganzen Videos anzuschauen und zu liken.

 

Wie bewertet ihr rückblickend die Aktion?

Joona Theunissen (9b): Ich habe es bereits davor wenig genutzt und nun nutze ich es überhaupt nicht mehr und merke, dass ich nun viel mehr Zeit für andere Sachen habe.

Leonore Schäfer (9b): Und auch diese Gewohnheit, immer zuhause sofort auf TikTok zu gehen, ist nun nicht mehr da und man liest auch mal etwas anderes oder macht dann einfach direkt Hausaufgaben.

Tierno Koudalo (9a): Man merkt auch, dass man nun nicht mehr vor dem Lernen dieses „Nur noch fünf Minuten“-Gefühl hat und den Lernbeginn so immer weiter nach hinten schiebt wie früher. Stattdessen hat man jetzt auch richtig gelernt oder sich dann eben mit anderen Dingen nach dem Lernen beschäftigt.

Laura Centofante (9a): Ich denke es ist schon verständlich, wenn die meisten am Anfang sagen, dass das ja komisch ist und doch bestimmt sowieso nicht funktionieren wird, aber man merkt eben doch schnell wie sich die Gewohnheiten verändern können. Jetzt hat man mehr Zeit für Sport oder andere sinnvolle Dinge und ist nicht darin gefangen ständig anderen Trends nachzujagen.

Helena Strzyzewski (9a): Es war ein gutes Experiment, um zu merken wie abhängig man eigentlich ist und wie schwer es in unserer Gesellschaft ist, sich davon zu lösen. Heutzutage ist ja fast jeder Jugendliche auf TikTok und ich finde, man sollte sich einfach überlegen, ob man später als Erwachsener im Rückblick auf die Jugend wirklich daran denken will, dass man den ganzen Tag nur am Smartphone hing und sich teilweise Videos angeschaut hat, die einem letztlich nichts gebracht haben.

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Interview und Fotos: Manuel Madey

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